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Lokal • 9. Juni 2023

Spannender Prozess der Stadtentwicklung

Wer mehrere Jahre nicht in Ingelheim war und nun einen Spaziergang durch die „Neue Mitte“ macht, reibt sich verwundert die Augen. In den letzten 20 Jahren hat sich die Stadt völlig verändert – von einem etwas verschlafenen Mittelzentrum hin zu einer modernen Stadt mit vielseitigen Angeboten. Die Anfänge dieser Veränderungen reichen weit zurück.

Begonnen hat alles im Jahre 1939.

Am 1. April 1939 – einem Samstag – brachte die „Ingelheimer Zeitung“ eine Sondernummer heraus. Darin hieß es: „Durch einen am 14. Dezember 1938 vom Reichsstatthalter in Hessen, Gauleiter Jakob Sprenger, unterzeichneten Erlass sind die drei Gemeinden Ober-Ingelheim, Nieder-Ingelheim und Frei-Weinheim samt dem Weiler Sporkenheim mit Wirkung vom 1. April 1939 zur Stadt Ingelheim a.Rh. zusammengeschlossen. Damit hat das Eigenleben dieser Gemeinden, die auf eine mehr als 1000-jährige Geschichte zurückblicken können, seinen Abschluss gefunden. Ein neuer Abschnitt ihrer gemeinsamen Entwicklung hebt an.“

Nach dem Krieg wurde in einer Stadtsitzung am 15. Januar 1947 unter Vorsitz von Bürgermeister Dr. Georg Rückert, die Stadtwerdung demokratisch legitimiert. Damit war der diktatorische Akt des einstigen Gauleiters demokratisch legalisiert.

Was sich einfach liest, war in der Realität der Stadtentwicklung ein großes Problem. Bis dato hatte es eigene Dorfkerne gegeben, mit einer eigenen, autarken Infrastruktur. Nun galt es, ein attraktives Stadtzentrum zu schaffen. Die Firma Maehler & Kaege in der Binger Straße musste umgesiedelt werden, denn ein Industriegebäude im Zentrum, war der Stadtentwicklung alles andere als förderlich. 1982 wurde dann das neue Rathaus ein geweiht, ein erster Schritt in Richtung neue Stadtmitte. Bernd Ludwig schreibt im Heimatjahrbuch 2002, Seite 171: ... wenig beseelt von der Vision eines harmonisch wirkenden Ganzen. Beispiele sind das wenig attraktive Marktzentrum, ein recht eintönig anmutender Rathausplatz, der Mangel an Spezialgeschäften in nicht vorhandenen verkehrsberuhigten Zonen ... eine in den Stoßzeiten angespannte Verkehrssituation.“

1990 wurde dann mit dem Bau der Konrad-Adenauer-Straße begonnen und in den Folgejahren ermöglichte der Bau der Römerstraße eine Verlagerung des Verkehrs. Und schließlich wurde im Jahre 2022 die Landesstraße 428 freigegeben und damit der Verkehr jenseits der städtischen Straßen geleitet.

Grundlage für die weitere Planung des Zentrums war im Jahre 2005 der so genannte „Eckwertebeschluss“ des Stadtrates, der die Gestaltung des Zentrums in den folgenden Jahren festlegen sollte.

In den Folgejahren siedeln sich verschiedene Dienstleister in der neuen Stadtmitte an zum Beispiel Revital, Woolworth, ein Ärztehaus und Intersport. Vorausschauend wird im Jahre 2009 ein Fahrradparkhaus gebaut, und zwar in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs, um die Attraktivität des Radfahrens und den Umstieg auf den ÖPNV voranzutreiben.

Im Juni 2010 wird der Rahmenplan zur Gestaltung der „Neuen Mitte“ vom Stadtrat beschlossen. Auch der Bau einer in die Zukunft gerichtenten Mediathek in der Nähe des Sebastian-Münster-Gymnasiums wird Teil der Planungen. Als dann im November 2011 die „Neue Mitte“ offiziell eingeweiht wird, verstummen auch die kritischen Stimmen, die zuvor noch über eine zu enge Bebauung, zu hohe Gebäude und zu dunkle Passagen geklagt hatten. Was allerdings immer noch kritisiert wurde, waren die fehlenden Toiletten und nicht ausreichend vorhandene Grünflächen. Heute ist die „Neue Mitte“ das Zentrum schlechthin und attraktiver Stadtmittelpunkt mit vielen Geschäften und Verweilmöglichkeiten.

Erstmals im Jahre 2013 kommen dann Überlegungen zur Schaffung einer Fußgängerzone auf. Schritt für Schritt wird diese – unter Einbindung der Anwohner – umgesetzt und schließlich am 13. Mai 2023 bis hin zum Lavendelkreisel ausgebaut.

Die Jahre ab 2014 sind durch eine rege Bautätigkeit gekennzeichnet. Die neue Kulturhalle kING und das Weiterbildungszentrum (WBZ) entstehen auf dem Fridtjof-Nansen-Platz und dokumentieren durch ihre dominante Präsenz in der Mitte der Stadt die Bedeutung von Kultur und Bildung an zentraler Stelle. Die unattraktive Karlspassage wird abgerissen und durch ein modernes Wohnquartier, das Tassilo-Quartier, ersetzt. In der Bahnhofstraße werden alte Ein- und Mehrfamilienhäuser durch neue Wohneinheiten am Lavendelkreisel ersetzt. Für die Nahversorgung mit Lebensmitteln sorgt ein neuer Edeka-Markt, der gegenüber des Tassilo-Quartiers in der Bahnhofstraße Einzug hält.

Aktuell staunen die Ingelheimer über den Abriss des ehemaligen und traditionswürdigen Hotels Erholung. Hier soll ein neuer Wohnkomplex mit Geschäften im Erdgeschoss entstehen.

Und wie denken die Bürger über die rasante Entwicklung? Auffallend ist, dass nicht nur Ingelheimer die Angebote der Neuen Mitte nutzen. Auch aus dem Umland trifft man immer wie der Bürger*innen, die hier einkaufen und es sich in einem der Restaurants oder Cafés gutgehen lassen. Dazu trägt auch die günstige Parksituation bei. Parken ist in Ingelheim an vielen Stellen möglich, direkt in der Neuen Mitte im dazugehörigen Parkhaus, auf dem angrenzenden Parkplatz, im Parkhaus unter der kING oder unter dem Edeka-Markt – um nur einige Beispiele zu nennen. Und vor allen Dingen ist das Parken hier außerordentlich günstig. Nirgendwo im Umkreis finden sich günstigere Tarife. Und wer mit dem Zug anreist, befindet sich direkt im Zentrum der Stadt.

Spricht man die Bürger*innen auf die Nahversorgung an, so hört man gelegentlich auch Stimmen, die die Entwicklung bedauernd beurteilen. Gab es in der Vergangenheit noch zahlreiche Geschäfte in Nieder-Ingelheim – man denke an Bäcker, Metzger, das Kaufhaus Huf, die Drogerie Griese, eine Apotheke, ein Schuhgeschäft – so sind diese alle nach und nach verschwunden. Gleiches gilt für Ober- Ingelheim, in dem auch viele Anbieter den Weg in die Neue Mitte gefunden oder ihr Geschäft aufgegeben haben. Dennoch – auch für die Büger*innen dieser Stadtteile gibt es Möglichkeiten, sich mit den Artikeln des täglichen Bedarfs einzudecken. Dazu trägt der städtische Busverkehr bei, der in kurzen Abständen regelmäßig alle Statteile, auch die eingemeindeten Stadtteile Großwinternheim (1972) und Heidesheim (2019), anfährt. Wer im Besitz einer Fairtiq App ist, kann sogar am Wochenende kostenlos fahren.

Abschließend bleibt festzustellen, dass der Prozess der Stadtentwicklung Ingelheims positiv zu bewerten ist. Stadtverwaltung und Stadtrat haben die Zeichen der Zeit erkannt und Ingelheim nach und nach in eine attraktive Wohn- und Einkaufsstadt verwandelt. Fragt man wieder die Bewohner*innen, so leben sie gerne hier – denn selten gibt es ein attraktiveres Angebot an Einkaufsmöglichkeiten, Arztangeboten, kulturellen Events, Schulen und Kitas und die Nähe zur Natur an einem Ort. Und natürlich ist auch die Firma Boehringer als Arbeitsgeber mit über 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Ingelheim mehr als erwähnenswert.

(red.)

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