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Region • 17. Juli 2025

Betteln auf der Straße - Wie gehen Städte damit um?

„Es geht so viel verloren auf der Straße. Auch die Würde. Der Dreck ist das eine. Nicht gesehen werden, ist das andere. Wenn wir gesehen werden, dann als Störfaktor. Die Bettler stören besonders. Sie machen die Not sichtbar. Sie erniedrigen sich. Ich gehe betteln. Betteln ist harte, schlecht bezahlte Arbeit. Ich fahre in eine Gegend der Stadt, in der mich keiner kennt.“ (Quelle: Dominik Bloh, Unter Palmen aus Stahl, "Die Geschichte eine Straßenjungen", Weinheim 2021, S. 121f)

Es gibt sie tatsächlich, eine Regelung über das Betteln, nämlich die „Gefahrenabwehrverordnung zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen und in öffentlichen Anlagen“. Demnach ist Betteln in „aggressiver, aufdringlicher, behindernder oder störender Form“ verboten.

Die Polizei in Mainz hat in 2025 nur einen Fall von aggressivem Betteln ausgemacht. Organisierte Gruppen habe es in diesem Jahr auch noch nicht gegeben. Insgesamt mache Betteln keinen Schwerpunkt der polizeilichen Tätigkeit aus, so die Polizeidienststelle Mainz.

In Darmstadt hat man nun die Regelungen verstärkt. Passanten dürfen nun von Bettlern nicht mehr angesprochen werden. Von einigen Stellen wird bezweifelt, dass diese Verschärfung rechtlich zulässig ist. In Worms existiert das Ansprechverbot sogar schon länger. In Aachen wurden im vergangenen Jahr „Zonen“ eingerichtet, in welchen das Betteln untersagt ist. Diese befinden sich in der gesamten Innenstadt. In Hamburg ist das Betteln in der U-Bahn untersagt.

Und in Ingelheim? Auch hier gibt es eine kommunale Gefahrenabwehrverordnung. Diese enthält konkrete Verbote für verschiedene Verhaltensweisen, die die Sicherheit oder Ordnung beeinträchtigen können. Mitarbeiter der Ordnungsbehörde können Personen von Anlagen verweisen, wenn Gefahr im Verzug ist. Bettler sieht man in Ingelheim in der Regel in der Unterführung zwischen Bahnhof und dem REWE Markt. Das Thema hat – gemessen an anderen polizeilichen Interventionen – hier untergeordnete Bedeutung.

Wenn von städtischer Seite Platzverweise ausgesprochen werden, bleibt die Frage, wohin sollen die Bettler oder Obdachlosen gehen? Fühlt sich die Gesellschaft durch diese Menschen „gestört“? Oder ist der Blick auf bettelnde Menschen eine Konfrontation mit den Schwächen unserer Gesellschaft? Fakt ist, wer bettelt, ist ganz unten angekommen. Es ist ein Teufelskreislauf. Keine Wohnung, kein Job. Kein Job, keine Wohnung. Irgendwann kein Konto mehr bei der Bank. Ohne postalische Erreichbarkeit und ohne festen Wohnsitz fällt man aus dem Raster. Aus diesem Kreislauf herauszufinden, gelingt nur ganz wenigen. Wenn wir wieder einem Bettler begegnen, denken wir nicht nur an Gefahrenabwehr, sondern daran, dass es sich um Menschen handelt.

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