Ingelheim verbindet
Inklusion ist in Ingelheim mehr als nur ein Schlagwort – sie ist eine Haltung, die auf unterschiedlichste Weise gelebt wird. In zahlreichen Ingelheimer Firmen und Einrichtungen wird Teilhabe aktiv gestaltet, oft weit über das Erwartbare hinaus. Doch was genau steckt hinter dem Begriff? Was bedeutet Inklusion für die Menschen, die sie täglich umsetzen und erleben? Darüber haben diejenigen berichtet, die Inklusion in Ingelheim greifbar machen.
Was macht das inklusive Ingelheim aus?
„Die Stadtverwaltung Ingelheim engagiert sich umfassend für Inklusion und Vielfalt, verankert in der Strategie des „Ingelheimer Wegs“. Diese setzt auf Empowerment, Begegnung und Kommunikation sowie die Stärkung von Strukturen, um allen Bürger*innen gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Dazu zählen interkulturelle Öffnung der Verwaltung, Vielfalt in Bildungseinrichtungen und Kooperationen mit Integrationsorganisationen. Ein Höhepunkt ist der „Tag der Vielfalt“ mit Aktionen wie der „Blauschaf“-Kampagne und dem Freundschaftsfest IngelHEIMAT. Ingelheim wurde als „Europäische Hauptstadt für Integration und Vielfalt“ ausgezeichnet und erreichte den zweiten Platz in der Kategorie für Kommunen unter 50.000 Einwohnern.
Die Stadt setzt sich aktiv für eine gerechte Gesellschaft ein, in der Vielfalt, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Identität, gefördert wird. Gemeinsam mit vielen Partner*innen arbeitet Ingelheim kontinuierlich daran, Diskriminierung abzubauen und ein in- klusives Miteinander zu stärken.“
Dr. Dominique Gillebeert, Leiterin der Stabsstelle für Vielfalt und Chancengleichheit
Weitere Informationen und das vollständige Integrationskonzept finden Sie auf der offiziellen Website der Stadt Ingelheim: https://www.ingelheim.de Vertreter verschiedener Einrichtungen geben im Folgenden Einblicke in ihre Inklusionsarbeit, teilen Herausforderungen und Erfolge. Interviews zeigen, wie Inklusion in Ingelheim konkret gelebt wird.
natürlich Ingelheim, Bioladen & Bistro
Der natürlich Bioladen in Ingelheim ist ein Integrationsbetrieb der gpe Mainz. Das Angebot umfasst Laden, Bistro und Küche, wo Mitarbeitende ihre Fähigkeiten entwickeln können. Die gpe fördert Menschen mit psychischen Erkrankungen durch berufliche Rehabilitation, geschützte Arbeitsplätze und alltagsnahe Unterstützung.
Welche positiven Erfahrungen haben Sie bisher mit inklusiven Beschäftigungsverhältnissen gemacht?
„Inklusionsbetriebe sind wertvoll, da hier Menschen mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam arbeiten. Menschen mit Beeinträchtigung fühlen sich durch den Austausch wertgeschätzt, Vorurteile nehmen ab, und sie arbeiten oft motiviert mit. Inklusionsbetriebe bieten zudem mehr Zeit für individuelle Förderung, um Stärken auszubauen und Schwächen zu verringern. Viele unserer Mitarbeitenden sind dadurch unverzichtbar geworden und tragen zum Erfolg unseres Unternehmens bei.“
Wie sorgen Sie dafür, dass sich alle Mitarbeitenden gleichermaßen wertgeschätzt und integriert fühlen?
„Ich versuche hier nicht zu sehr zu unterscheiden, dass der eine Mitarbeiter integrativ ist und der andere nicht. Jeder bringt seine Stärken aber auch Schwächen mit. Durch regelmäßige Feedbackgespräche und einem verantwortungsvollen und respektvollen Umgang mit allen Mitarbeitern kann ich hier auf den vollen Einsatz der Mitarbeiter setzten. Auch gehe ich mit gutem Vorbild voran und versuche dort zu unterstützen, wo Hilfe gebraucht wird. Hier ist es unersetzlich, immer ein offenes Ohr für alle Mitarbeiter zu haben.“ Stephan Grünberg, Marktleiter natürlich Ingelheim
wasch.werk & rad.werk der in.betrieb GmbH
1967 gegründet, entwickelte sich die „Beschützende Werkstätten Mainz GmbH“ zur in.betrieb gGmbH, einem der größten Sozialunternehmen der Region. Seit 2022 fördert in.betrieb in Ingelheim die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in Werkstatt und Tagesförderstätte. Der Inklusionsbetrieb wasch.werk & rad.werk bietet Fahrrad- und Autopflege. Infos unter https://www.waschwerk-radwerk.de.
Welche konkreten Tätigkeiten und Aufgabenbereiche in Ihrem Betrieb werden von Menschen mit Behinderungen übernommen und welche Unterstützung erhalten sie dabei?
„Im wasch.werk & rad.werk arbeiten Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam. Die Aufgaben reichen von Fahrzeugvorreinigung, Kundenberatung und Kasse über Innenreinigung und Lackpolitur bis zu Fahrradreparaturen. Mitarbeitende werden gezielt geschult, unterstützt und bei Bedarf weitergebildet. Ergonomische Geräte wie Poliermaschinen und elektrische Montageständer erleichtern die Arbeit. Als Inklusionsbetrieb vereinen wir handwerkliche und pädagogische Expertise und fördern individuelle Fähigkeiten.“
Gibt es Kooperationen mit anderen Organisationen, um die Inklusion zu fördern?
„Wir arbeiten eng mit Boehringer Ingelheim zusammen, um die Inklusion von Menschen mit Behinderungen sichtbarer zu machen und weiter zu etablieren. In Form von Rahmenverträgen und regelmäßigen Aufträgen sind wir auch z.B. mit dem Landkreis Mainz-Bingen und vielen kleineren Autohändlern, Auto-Werkstätten und Pflegeunternehmen verbunden. Jeder Auftrag und jede*r Kund*in unterstützt die Inklusion ganz praktisch. Sie gibt den Mitarbeitenden Arbeit und fördert so ihre Teilhabe am Arbeitsleben, schafft vielfältige Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung, baut eventuell vorhandene Barrieren ab und unterstützt die Entwicklung unseres Betriebs. Der Inklusionsbetrieb wird aktuell von der Aktion Mensch und dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz gefördert.“ Nico Ferger, Betriebsleiter des wasch.werk und rad.werk
ZOAR-Werkstattladen „werk:stück“
Die Zoar Werkstätten in Heidesheim bieten rund 200 Menschen mit psychischen und kognitiven Beeinträchtigungen aus dem Landkreis Mainz-Bingen Teilhabe am Arbeitsleben. Neben industriellen Tätigkeiten gibt es Angebote in Gartenbau, Küche, Kantine und Hauswirtschaft. Die Abteilung Kunst & Gewerbe betreibt seit 2020 den Werkstattladen „werk:stück“ in Ingelheim.
Dort gestalten Beschäftigte kreative Produkte aus Keramik, Holz, Schmuck und Textilien. Diese entstehen in liebevoller Handarbeit, oft nach eigenen Ideen.
Das Ziel ist, den Mitarbeitenden eigenständiges Arbeiten von der Produktion bis zum Verkauf zu ermöglichen, unterstützt durch einen Gruppenleiter. Auch individuelle Anfertigungen und Farbanpassungen sind möglich.
Welche Herausforderungen begegnen Ihnen beim Thema Inklusion im Arbeitsleben, und wie gehen Sie damit um?
Unsere Aufgabe als Werkstatt ist es, Menschen mit Beeinträchtigungen ein Arbeitsumfeld zu bieten, das ihren Fähigkeiten und Vorlieben entspricht. Jeder Mensch ist einzigartig: Manche bevorzugen Bewegung und Arbeiten im Freien, andere fühlen sich am PC wohler und meiden soziale Kontakte. Unser Ziel ist es, individuelle Stärken zu fördern und bei Interesse den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu unterstützen. Dabei suchen wir gezielt Arbeitgeber, die bereit sind, Menschen mit Beeinträchtigungen eine Chance zu geben. Unsere Erfahrung zeigt: Viele möchten unterstützen, sind aber unsicher im Umgang. Hier setzen wir als Vermittler an, bauen Berührungsängste ab und schaffen Vertrauen. Eine Herausforderung bleibt der Fachkräftemangel, der die bedürfnisorientierte Einarbeitung erschwert.
Gibt es besondere Erfolgsgeschichten, die Sie gerne teilen würden?
„Ein junger Mann kam aus der Forensik zu uns und entdeckte durch Praktika seine Leidenschaft fürs Nähen. Nach einer Grundqualifikation bei uns steht er nun kurz vor der Prüfung als Herrenmaßschneider. Dank individueller Unterstützung meisterte er die Ausbildung und gehört zu den Besten seines Jahrgangs. Er bleibt in Kontakt und berichtet stolz von seinem Werdegang, was für uns eine große Wertschätzung ist. Mit Freude sucht er immer wieder den Kontakt zu unseren Mitarbeiter*innen und hält uns dabei auf dem Laufenden. Das bedeutet für uns eine große Wertschätzung.“
Wie sehen Ihre Zukunftspläne in Ingelheim aus?
„Wir fühlen uns in Ingelheim sehr wohl und schätzen die positiven Reaktionen auf unsere Arbeit im werk:stück. Wir planen, eine Keramikwerkstatt zu eröffnen und Keramikkurse anzubieten. Unsere monatlichen Kulturveranstaltungen wollen wir weiter bekannt machen, denn wir glauben an das „Miteinander“, das das Leben bereichert.
Miriam Michalski-Liesenfeld, pädagogische Leitung der Zoar-Werkstätten Heidesheim Weingut Dautermann Gemeinsam mit in.betrieb setzt sich auch das Weingut K. & K. Dautermann in Ingelheim aktiv für Inklusion ein. Unter dem Motto „Weinberg statt Werkstatt“ helfen Menschen mit geistiger Behinderung im Weingut mit – vom Rebschnitt über die Weinlese bis hin zum Keltern. Kristian Dautermann, dessen Bruder Klaus das Down-Syndrom hat, ist es eine Herzensangelegenheit, in seinem Betrieb ein Umfeld zu schaffen, in welchem auch beeinträchtigte Menschen die Möglichkeit haben, etwas leisten zu können. Damit zeigt das Weingut, wie Inklusion in der Praxis funktioniert und welchen wertvollen Beitrag Menschen mit Behinderungen zur Gesellschaft zu leisten haben.
Inklusive Weiterbildung
Die landesweite Service- und Beratungsstelle am Weiterbildungszentrum Ingelheim unterstützt Weiterbildungseinrichtungen dabei, ihre Angebote inklusiver zu gestalten. Sie fördert die Teilnahme von Menschen mit Beeinträchtigungen – sei es als Lernende oder als Lehrende – und sorgt dafür, dass Weiterbildungseinrichtungen mit ihren Angeboten wirklich alle Menschen erreichen.
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