Das Ober-Ingelheimer Spital
Geschichte und Gegenwart
Der geschichtsinteressierte Besucher Ingelheims wird auch die sogenannte Altstadt im Ober-Ingelheimer Stadtteil aufsuchen. Dort führt sein Weg mit Sicherheit zur Burgkirche und zum Marktplatz, von dem aus bis heute fünf Straßen strahlenförmig den Platz umrunden.
Eine dieser Straßen ist die Rinderbachstraße, aktuell eine Einbahnstraße, vor 200 Jahren eine der wichtigsten und belebtesten Einkaufsstraßen von Ober-Ingelheim. In dieser Straße befindet sich auch das „Spitalgässchen“, jetzt Rinderbachstraße 20 – 26. Dort schaut man auf ein Haus, das seine besten Zeiten hinter sich hat und eher einer Ruine gleicht. In diesem Wohngebäude befand sich einst eine geweihte Kapelle, die dem Heiligen Jodokus gewidmet war. Er war Schutzpatron der Pilger, der Kranken und der Genesenden. In der Nachbarschaft der Kapelle befand sich einst ein Spital, das am Rinderbach schon im 12./13. Jahrhundert gegründet wurde.
Da die Rinderbachstraße eine bedeutende Durchgangsstraße war, diente das Spital als Anlaufstelle für Durchreisende, vorwiegend arme und pflegebedürftige Menschen. Das Spitalgebäude hatte eine lange Geschichte und diente bis 1815, wo ein Brand die Mauern zerstörte, als Armen- und Pflegeherberge. Die Kapelle war bereits seit der Reformation im Jahre 1565 nicht mehr im Betrieb. Der Vater des berühmten Ingelheimers, Sebastian Münster, Andreas Münster, war übrigens Spitalmeister, zuständig für Verwaltungs- und Pflegedienste. Das heutige Gebäude ist in Privatbesitz und steht seit 2006 unter Denkmalschutz. Die Stadt besitzt ein Vorkaufsrecht. Kenner verweisen auf den hohen kulturgeschichtlichen Wert des Gebäudes und die Notwendigkeit, baldigst Sanierungen vorzunehmen.
Schaut man aktuell auf den Haushalt der Stadt, so kommen Bedenken auf, ob die Stadt finanziell in der Lage ist, die kostenintensiven Renovierungen vorzunehmen. Letztendlich muss auch der politische Wille für eine solche Maßnahme vorhanden sein, und da sind die Fraktionen des Stadtrates gefragt.
(Quelle: Allgemeine Zeitung vom 27. 12. 2024)
